Metronale Impressionen
Jeden Morgen das gleiche Spiel: 12 Minuten 24 Sekunden
Fußweg zur Metro. Unterwegs überholt uns nur das Bäckerauto, -immer an der
gleichen Stelle. Einmal wollten wir es austricksen und wir sind 10 Minuten später
gegangen, aber Pustekuchen, -das Auto kam trotzdem. Vielleicht fährt es ja alle
10 Minuten dort lang?! Die Sicherheitsleute in ihren Wachhäuschen, von denen es
mehrere auf unserem Weg gibt, schlafen meistens oder schauen schon die ersten
Trickfilme oder Nachrichten. Die Häuschen sind nicht viel größer als Dixi-Klos
aber sie haben Satellitenanschluss. Mit einem Wachmann haben wir uns
angefreundet und dann gibt es etwas Smalltalk oder wir müssen die MA-Aufgaben
seines Sohnes lösen. An der Metro angekommen steht an der Ecke der blinde
Kugelschreiberverkäufer, sorgfältig breitet er sein Sortiment aus. Es gibt auch
Taschentücher und Feuerzeuge. Ich hab mich noch nicht getraut, nach einem roten
Stift zu fragen. Unten passieren wir die Sicherheitskontrolle. Man kennt uns,
und schon lange schaut keiner mehr in unsere Taschen, es sei denn es ist ein
Neuer eingeteilt. Auf der ersten Treppe kann man auf einem Monitor die
aktuellen Nachrichten, Wetterinformationen und Kursstände ablesen. In der
U-Bahn wird man in jedem Bahnhof und auch in den Wagen befernseht. Man sieht so
viele glückliche Gesichter wenn die türkischen Männer einen Trickfilm von
Bernhard sehen. Auch Dick und Doof ist enorm beliebt.
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Morgens gilt: Man ist müde. Das erinnert schon an ein
Schlafwagenabteil. Trotzdem wird beim Einsteigen gedrängelt. Man lässt auch
nicht erst die Leute aussteigen, sondern schiebt kräftig dagegen. Wer höflich
ist verliert, das heißt er bekommt keinen Sitzplatz. Am schlimmsten sind die
Frauen drauf. Innen setzt man sich auf keinen Fall neben eine junge Frau, um
nicht ihre Ehre zu verletzen. Für junge Mütter mit Kind oder alte Menschen
steht man auf. Kommt ein Paar in das Abteil, dann weist der Mann der Frau den
Platz zu. Am Morgen wird wenig geredet, nur die Schüler und Schülerinnen in
ihren schmucken Schuluniformen schnattern aufgeregt. Manchmal deklamiert auch
ein Mann laut und viel gestikulierend über Sport oder Politik mit seinen
„Brüdern“. Etwa 50% der Mitfahrer haben Ohrstöpsel mit Musik oder Handy drin.
Sitz man daneben wir man mit beschallt. Manche haben es so laut, dass der ganze
Waggon etwas davon hat. Ein anderer Sport ist das Fingernägelkauen. Horn soll
sehr gesund sein. Im Allgemeinen sind die Leute aber immer top gestylt. Es
riecht auch nicht nach Knoblauch, wie in den russischen Untergrundbahnen,
sonder es duftet oft sehr angenehm nach Parfüm.
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Die Metro ist unheimlich sauber und macht einen
hygienischen Eindruck. Obwohl viele schlafen, wachen sie an der richtigen
Haltestelle auf und verlassen die Bahn. Wir fahren 15 Minuten bis zur
Endhaltestelle Taksim und von dort noch eine Station bis unter unsere Schule.
Über 6 Rolltreppen gelangen wir wieder ans Tageslicht und brauchen nur noch 100
m bis zum Schultor.
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