Der „alte Baumarkt“ ist der schönste Platz, den’s für mich gibt …..

Also jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein Baumarktnarr bin und mein größter Wunsch ist, einmal eine Nacht in einem Baumarkt eingeschlossen zu sein. Mein Istanbuler Baumarkt heißt „Koçtaş“ und entspricht so ziemlich den üblichen deutschen Baumärkten. Ob ich aber in diesem Baumarkt eingeschlossen werden möchte, weiß ich noch nicht. Doch zunächst zur Geschichte.

„Wir brauchen einen neuen Tisch für die Terrasse“ sagt Andrea und wir Männer wissen, was das heißt. Unser erster Gedanke galt IKEA, da sind die Möbel preiswert und praktisch und wir hatten schon sehr gute Erfahrungen gesammelt. Eine Kollegin wollte sowieso zu Ikea, da haben wir uns gleich mit rangehängt. Leider waren sämtliche Gartenmöbel bei IKEA Istanbul ausverkauft und das Ende August. Aber es gab ja noch den geliebten Baumarkt drei U-Bahnstationen von uns entfernt. Frischen Muts habe ich mich auf den Weg gemacht. Das entsprechende Modell hatten wir bereits gemeinsam vorher besichtigt. Beim Betreten des Marktes fiel mir sofort auf, dass unser Tisch nicht mehr in der Ausstellung stand. Da die Türken aber öfters umräumen, machte ich mich auf die Suche und wurde auch schon nach einigen Minuten fündig. Da stand er das Objekt unserer Begierde, der Tisch mit 4 Stühlen in feinstem Zedernholz, aus ökologischem Anbau und fair gehandelt. Auf dem Schild stand Tischset: 1Tisch und 4 Stühle. Ich hab mir gleich einen Verkäufer geschnappt, der auch noch hervorragend Englisch sprach. Er bat mich gleich am Tischset Platz zu nehmen und fing an die Papiere auszufüllen. Nach 2 Minuten fiel die Lehne von meinem Stuhl ab. Da hätte ich schon stutzig werden müssen, doch der Verkäufer, der mich sehr an Dieter Krebs erinnerte, beruhigte mich, es wäre kein Problem. Am Ende erklärte er mir, dass ich nun zum Transport, zur Kasse und dann wieder zum Transport gehen müsste. Das kann ja nicht so schwer sein. Im Kassenbereich fand ich an einem Nebenschalter, der verdächtig nach Transport aussah eine lange Schlange. Bevor ich mich anstellte, fragte ich in gepflegtem türkisch eine junge Angestellte, die gerade Vakuum-Verpackungen vorführte, ob das der Schalter für Transporte sei. Sie lächelte freundlich und sagte irgendetwas, was ich als Zustimmung auffasste. Nach ca. 20 Minuten kam ich auch schon dran, nur war das nicht der Transportschalter, der war am anderen Ende der Halle. Na ja, man hat ja Zeit am Wochenende. Der Schalter war dann auch gut zu finden. Es dauerte auch nicht lange und wir hatten uns auf Adresse und Liefertag Donnerstag geeinigt.

Am Donnerstag wurden wir dann in der Schule ans Telefon gerufen, der Baumarkt steht vor unserer Tür und die dürfen die Waren nicht hinstellen, sie brauchen eine Unterschrift. Wir baten die Leute noch mal am Abend zu kommen.

Wer dann nicht kam, waren die Transporter. Am Freitag bin ich dann gleich wieder in den Baumarkt geeilt. Nachdem ich der Vakuum-Tante einen bösen Blick zugeworfen hatte, ging es gleich zum Transportschalter. Man machte mir klar, dass ich noch mal bezahlen müsste, wenn sie noch mal kommen sollen. Ok, kann man ja noch irgendwie nachvollziehen, am Samstag sollten die Möbel nun kommen.

Am Samstagvormittag klingelte es und zwei Männer standen mit einer überdimensionalen Kiste vor unserer Wohnung. Ich war sehr glücklich, alles unterschrieben, Trinkgeld gegeben und einen schönen Tag gewünscht. Erst Andrea machte mich stutzig, denn sie zweifelte daran, dass in der Kiste ein Tisch und 4 Stühle sein sollen. Beim Nachschauen zeigte sich auch, dass es nur der Tisch war. Flink bin ich ans Fenster und hab die Fahrer, die gerade wieder unten aus dem Haus gingen zurückgepfiffen. Nach heftigen Diskussionen und Rückrufen der Fahrer in ihrer Firma versuchten die mir klar zu machen, dass dieses Set  nur ein Tisch ist. Ich will nichts Böses denken aber ich dachte mir, deren Verwandten freuen sich bestimmt über meine 4 Stühle. Mir blieb nichts anderes übrig, als wieder zum Baumarkt zu tigern. Die Vakuum-Tante hatte man abgezogen und der Weg war frei zu meinem Baumarkt-Dieter. Ich erklärte ihm das Problem und er begleitete mich zum Transportschalter. Der dortige Angestellte schien ziemlich genervt und bedeutete mir, dass er gerade mit meiner Frau telefoniert hätte und heute Nachmittag bis 4 Uhr kämen auch die 4 fehlenden Stühle. Positiv denkend machte ich mich auf den Heimweg. Pünktlich kurz nach 5 kamen auch tatsächlich zwei weitere Kisten mit jeweils zwei Stühlen. Wir kontrollierten schnell die Anzahl und machten uns auf den Weg zu einer Grillparty, zu der wir an diesem Abend eingeladen waren. Als wir nachts nach Hause kamen, ging es gleich ans Auspacken.

Na prima, bei einem Stuhl waren die Lehnen auf der einen Seite ohne Schrauben( das war wahrscheinlich der, in dem ich gesessen hatte) und ein Stuhl war ein ganz anderes Modell.

Allah, ich musste am Sonntag wieder einmal in den Baumarkt. Den falschen Stuhl hab ich mir gleich unter den Arm geklemmt und das restliche Dilemma hab ich vorher mit der Digitalkamera festgehalten. Mein Freund Dieter erkannte mich schon von weitem, er hatte aber keine Chance zur Flucht. Zur Beruhigung brachte er mir gleich zwei Kisten mit Schrauben(Gesamtgewicht 2,3 kg), mit deren Hilfe ich 10 Tischsets verschrauben könnte. Er deutete mir an, dass er jetzt einen neuen Stuhl holen würde und in 5 Minuten sei er zurück.

Ich bezog einen Beobachtungsposten um die Stuhlaktion gut überwachen zu können. Mein Freund Dieter akquirierte die Vakuum-Tussi, die plötzlich aufgetaucht war und durchschritt mit ihr die Halle in Richtung Lager. Nach bereits schon 40 Minuten tauchten beide mit einem voll funktionstüchtigen Stuhl wieder auf. Ich möchte gar nicht wissen, was sich in diesem Lager alles abgespielt hat. Nichts wie weg damit.

Wir waren einfach nur glücklich, endlich einen neuen Tisch mit 4 Stühlen zu haben.